„Das Haus mit Garten wird sich weiter entwickeln“ – Tancredi Capatti, capattistaubach
Haus und Garten sind unsterblich. Selbst wenn es die Möglichkeit zur Verwirklichung des eigenen Idylls nicht gäbe, bleiben Haus und Garten als ideale Wohnform im Kopf. Definitiv tot hingegen ist ein unendlicher Wachstumsglaube, der uneingeschränkten Zugriff auf Fläche, Boden und Ressourcen hat, um den Wohlstandsstatus zu sichern. Dieses Umdenken führt zu rasanten Veränderungen.
Die parabolische Entwicklung des letzten Jahrhunderts führt zu dem Paradox, dass die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten auf nur drei Prozent der Erdoberfläche lebt. Tendenz steigend. Deshalb soll sich unsere Diskussion auf den urbanen bzw. suburbanen Kontext richten, da das Umland sowieso aus Landschaft – mit Häusern – besteht. Jeder mag das Ideal von Kurt Tucholsky erfüllt sehen: „Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast dus nicht weit.“ Es bleibt jedoch meistens ein Wunsch. Schon frühe Siedlungen bestanden aus Häusern mit Gärten, ohne Friedrichstraße; aber mit Gärten. Mit der Industrialisierung – und der Friedrichstraße – beginnt ein Kompressionsprozess: Die Häuser wurden gestapelt, die Gärten rationalisiert. Es resultierten Mehrfamilienhäuser, satellitartige Schrebergärten oder gestapelte Gärten in Form von Balkons. Es ging um Verdichtung. Und mit der Dichte stieg die Kreativität im Guten wie im Schlechten. „Handtuchgärten“ vermitteln heute auf zehn Quadratmeter noch einen Hauch von Natur und Freiheit. Gleichzeitig entstehen immer mehr hydride Formen von Teilhabemodellen, Community- und Gemeinschaftsgärten, manchmal gar als Mütze auf dem Hausdach. Während die Idylle der Vergangenheit zur flächendeckenden Erweiterung der Peripherie mit Einfamilienhäusern führt, sind wachsende Städte das Verdichtungsfeld von Morgen. Mit den aktuellen Diskussionen um den Einhalt des Klimawandels werden tendenziell mehr „Gärten“ entstehen müssen, aber, mit gleichwohl wachsenden Städten, werden die Gärten hybrider, kreativer und partizipativer werden. Das Haus mit Garten wird sich weiter entwickeln, multicodieren und komplexer werden müssen. Schon jetzt ist es ein kostbares Gut, wahrer Luxus. Was Dieter Kienast vor einem Viertel Jahrzehnt bereits gesagt hatte: „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“