Haus und Garten sind Luxus (und unsterblich) – Tancredi Capatti

Haus und Garten sind Luxus (und unsterblich) – Tancredi Capatti
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Tancredi Capatti und Matthias Staubach von capattistaubach haben uns 2021 ziemlich beeindruckt. Gemäß dem Motto „Machen ist wie Wollen, nur krasser“ führten die Büroinhaber vor rund einem Jahr die 4 Tage Woche für ihr Team ein. Ähnlich gewitzt geht das Berliner Büro an seine Projekte ran – und auch an unsere 52 Thesen. Hier bezieht Tancredi Capatti Stellung zu unserer dritten These: „Das Einfamilienhaus ist tot. Es lebe das Einfamilienhaus.“

 

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Tancredi Capatti von capattistaubach zu These 3 – Einfamilienhaus, Foto: Dan Zoubek

Tancredi Capatti von capattistaubach (Foto: Dan Zoubek)

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„Das Haus mit Garten wird sich weiter entwickeln“ – Tancredi Capatti, capattistaubach

 

Haus und Garten sind unsterblich. Selbst wenn es die Möglichkeit zur Verwirklichung des eigenen Idylls nicht gäbe, bleiben Haus und Garten als ideale Wohnform im Kopf. Definitiv tot hingegen ist ein unendlicher Wachstumsglaube, der uneingeschränkten Zugriff auf Fläche, Boden und Ressourcen hat, um den Wohlstandsstatus zu sichern. Dieses Umdenken führt zu rasanten Veränderungen.

Die parabolische Entwicklung des letzten Jahrhunderts führt zu dem Paradox, dass die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten auf nur drei Prozent der Erdoberfläche lebt. Tendenz steigend. Deshalb soll sich unsere Diskussion auf den urbanen bzw. suburbanen Kontext richten, da das Umland sowieso aus Landschaft – mit Häusern – besteht. Jeder mag das Ideal von Kurt Tucholsky erfüllt sehen: „Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse, vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße; mit schöner Aussicht, ländlich-mondän, vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn – aber abends zum Kino hast dus nicht weit.“ Es bleibt jedoch meistens ein Wunsch. Schon frühe Siedlungen bestanden aus Häusern mit Gärten, ohne Friedrichstraße; aber mit Gärten. Mit der Industrialisierung – und der Friedrichstraße – beginnt ein Kompressionsprozess: Die Häuser wurden gestapelt, die Gärten rationalisiert. Es resultierten Mehrfamilienhäuser, satellitartige Schrebergärten oder gestapelte Gärten in Form von Balkons. Es ging um Verdichtung. Und mit der Dichte stieg die Kreativität im Guten wie im Schlechten. „Handtuchgärten“ vermitteln heute auf zehn Quadratmeter noch einen Hauch von Natur und Freiheit. Gleichzeitig entstehen immer mehr hydride Formen von Teilhabemodellen, Community- und Gemeinschaftsgärten, manchmal gar als Mütze auf dem Hausdach. Während die Idylle der Vergangenheit zur flächendeckenden Erweiterung der Peripherie mit Einfamilienhäusern führt, sind wachsende Städte das Verdichtungsfeld von Morgen. Mit den aktuellen Diskussionen um den Einhalt des Klimawandels werden tendenziell mehr „Gärten“ entstehen müssen, aber, mit gleichwohl wachsenden Städten, werden die Gärten hybrider, kreativer und partizipativer werden. Das Haus mit Garten wird sich weiter entwickeln, multicodieren und komplexer werden müssen. Schon jetzt ist es ein kostbares Gut, wahrer Luxus. Was Dieter Kienast vor einem Viertel Jahrzehnt bereits gesagt hatte: „Der Garten ist der letzte Luxus unserer Tage, denn er fordert das, was in unserer Gesellschaft am kostbarsten geworden ist: Zeit, Zuwendung und Raum.“

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Zum Online-Magazin „52 Thesen“

 

Sagen wir, wie es ist: Unsere Städte stehen aktuell vor einem Haufen von Problemen: Klimawandel, Städtewachstum, Flächendruck, Innenstadtsterben, bezahlbares Wohnen und und und. Was es jetzt braucht sind tatsächlich smarte Lösungen für eine nachhaltige Stadtentwicklung. Im G+L-Onlinemagazin „52 Thesen“ definieren Expert*innen aus Stadtplanung und Landschaftsarchitektur was sich jetzt ändern muss. Alle Artikel finden Sie hier unter: 52 Thesen.

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Mehr zur These 3
Das Einfamilienhaus ist tot. Es lebe das Einfamilienhaus.

Akzeptieren wir das Einfamilienhaus als klassische Wohnform, lassen wir es ausbluten oder reanimieren wir es gar? Dieser Frage widmen wir uns in unserer dritten These in unserem neuen Online-Magazin „52 Thesen“.

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